Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Walter Rosenthal,
wir, die Hochschulgruppe und der Kinder- und Jugendverband der Falken Jena, sind darauf aufmerksam geworden, dass der Lehrbereich der Geschlechtergeschichte bis 2025 gestrichen werden soll. Als Studierende und aktiver Teil des Hochschullebens sind wir schockiert und empört über solch eine Entscheidung.
Wir als Falken Jena setzen uns mit verschiedenen Themen der sozialen Ungleichheit auseinander, so auch im Besonderen mit Geschlechtergerechtigkeit. Mit Vorträgen und Veranstaltungen tragen wir zur politischen Bildung und Demokratieförderung in Jena und insbesondere an der Friedrich-Schiller-Universität bei. Gleichzeitig beobachten wir diesen undemokratischen und intransparenten Prozess zur Streichung der Geschlechtergeschichte und möchten hiermit klare Stellung für den Erhalt der Professur für Geschlechtergeschichte beziehen.
Die aktuellen Ereignisse in der Welt – von den USA bis in den Iran und Afghanistan – führen uns die Dringlichkeit vor Augen, sich mit Geschlechtergerechtigkeit wissenschaftlich auseinanderzusetzen. Auch hier in Deutschland ist die Gleichstellung der Geschlechter weder erreicht noch das Geschlechterverhältnis vollständig erforscht. Auch die Universität Jena führt verschiedene Maßnahmen durch, die die Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft unterstützen sollen. Hier sehen wir einen offenen Widerspruch zwischen diesen Bemühungen und der Entscheidung, den Lehrbereich für Geschlechtergeschichte und damit die ausführliche historisch-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema zu streichen. Die Friedrich-Schiller-Universität versucht mit Maßnahmen wie der „Tage der Vielfalt – Diversity Days“ und T-Shirts in Regenbogen-Farben ein Image von Vielfalt, Diversität und Geschlechtergerechtigkeit zu erzeugen. Gleichzeitig soll eine wissenschaftliche Auseinandersetzung durch einen bereits existierenden Lehrbereich jedoch gestrichen werden. Das können wir nicht verstehen. Dabei ist es auch für aktuelle und zukünftige Maßnahmen der Geschlechtergerechtigkeit notwendig, Fragen von Geschlecht und damit Fragen der Gesellschaft in ihrem historischen Zusammenhang zu betrachten – gerade in der Wissenschaft.
Nicht nur, aber vor allem im Zuge eines Rechtsrucks hier in Deutschland und Europa, sind wir entsetzt darüber, dass man mit einer solchen Maßnahme, Forderungen und Wünsche der AfD inhaltlich in einem solch undemokratischen Prozess nachkommt. Bezugnehmend auf die Äußerungen von Prof. Dr. Gisela Mettele im Neuen Deutschland vom 26.09.2022 kritisieren wir weitergehend den Prozess, wie die Umwidmung der Geschlechtergeschichte zustande gekommen ist. Aus den Schilderungen geht hervor, dass die unterschiedlichen Statusgruppen nicht ausreichend eingebunden und die Entscheidung ohne hinreichende Debatten abgewickelt wurde.
Wir fordern den Einbezug von Studierenden und des akademischen Mittelbaus in einen solchen Entscheidungsprozess. Wir möchten uns entschieden dagegen aussprechen, dass einzelne Disziplinen und Lehrstühle gegeneinander ausgespielt werden. Stattdessen fordern wir eine solidarische Lösung, in der gemeinsam für eine Ausfinanzierung aller betroffenen Lehrbereiche gestritten wird. Wir fordern, dass Diversität und Demokratie an der Universität keine leeren Worte sind.
Geschlechtergeschichte erhalten!
Mit freundlichen Grüßen
Die Falken Jena Hochschulgruppe und SJD – Die Falken KV Jena